Tipps zur erfolgreichen Jungpflanzenanzucht Teil 1 – Die Aussaat

14.02.2023Rund ums Gärtnern

Wenn die Tage nach dem Jahreswechsel wieder länger werden, wächst die Vorfreude auf die Gartensaison und es juckt im grünen Daumen. In der Wärme der Wohnung (oder eines Gewächshauses) können schon ab Februar die ersten Gemüsearten angezogen werden wie Kohlrabi, Paprika und Salate. Im Laufe der nächsten Monate folgen dann Physalis, Tomaten, Gurken etc. bis hin zum Grünkohl, der erst im Mai gesät wird. Eine eigene Anzucht von Jungpflanzen hat den Vorteil, dass man aus dem Vollen schöpfen kann und eine große Auswahl von samenfesten Sorten zur Verfügung steht. Außerdem können die Pflänzchen von Anfang an ökologisch aufgezogen werden. Und es ist natürlich ein besonderes Erfolgserlebnis, wenn aus dem kleinen Samenkorn, das man selbst gesät hat, eine reiche Ernte hervor geht. Damit dies gelingt, geben wir Ihnen in diesem Artikel Tipps für die erfolgreiche Jungpflanzenanzucht.

Vorweg: Nicht alle Gemüsearten müssen unbedingt vorgezogen werden. Wurzelgemüse wie Möhren, Rote Bete oder Radieschen zum Beispiel werden grundsätzlich direkt ins Beet gesät. Bei manchen Gemüsearten ist allerdings eine geschützte Voranzucht notwendig. Das gilt vor allem für die wärmeliebenden Fruchtgemüsesorten wie Paprika und Auberginen, die eine lange Entwicklungszeit haben. Genauere Informationen, ob die Anzucht von einer Gemüseart erforderlich oder zu empfehlen ist, finden Sie in den Pflanzensteckbriefen hier im Blog oder in unserem Online-Shop.

    Tipp

    Wann ist der richtige Zeitpunkt für die Aussaat? Wir haben die Gemüse-Sorten, die aktuell gesät werden können, in einer Liste für Sie zusammengestellt, die monatlich aktualisiert wird. So verpassen Sie keinen Aussaat-Zeitpunkt mehr.
     

    Vorbereitung & Material

    • Aussaatgefäße: Bei der Wahl von Gefäßen für die Aussaat gibt es viele Optionen. In der Regel werden die Samen in größerer Anzahl in einer Aussaatschale ausgesät, aus der später die kräftigsten Pflanzen einzeln in Töpfe pikiert (vereinzelt) werden. Man kann die Samen aber auch direkt in kleine Töpfe säen und sich so das Pikieren sparen. Dazu werden pro Töpfchen 2-3 Samen gesät und nach dem Auflaufen der kräftigste Keimling ausgewählt. Die anderen werden abgeschnitten. Die Anzucht in einzelnen Töpfen (hier nur ein Same pro Topf) empfehlen wir besonders bei den größeren Samen von Kürbisgewächsen, die schnell wachsen und auf Grund ihrer empfindlichen Wurzeln nicht pikiert werden sollten. Wählen Sie für diese Gemüsearten gleich etwas größere Töpfe (11er).
    • Neben speziellen Aussaatschalen (für das spätere Pikieren) oder Multitopfplatten (für die Einzelanzucht) eignen sich auch gewöhnliche Blumentöpfe oder wiederverwertete Dinge des alltäglichen Bedarfes wie zum Beispiel halbierte Tetrapacks. Wichtig ist, dass die Aussaatgefäße immer ein Abzugsloch für Wasser haben, damit keine Staunässe entsteht. Sogar Gefäße aus Karton wie Eierkartons oder Klopapierrollen und gebastelte Töpfchen aus Papier kann man benutzen. Der Vorteil von Anzuchttöpfen aus organischem Material ist, dass die Jungpflanzen später direkt mit den Gefäßen ausgepflanzt werden können. Auch Kokosquelltabletten sind eine gute Option. Sie halten, wie auch die Multitopfplatten, besonders gut die Feuchtigkeit und sind sehr unkompliziert in der Handhabung.
    • Zur Aussaat immer saubere Aussaatgefäße verwenden. Gebrauchte Gefäße können wiederverwendet werden, wenn diese vor jeder Aussaat kräftig mit heißem Essigwasser geschrubbt werden. So werden Pilzinfektionen vermieden.
    • Erde: Für die Aussaat wird häufig eine spezielle Aussaaterde empfohlen. Diese ist besonders fein, keimfrei und vor allem nährstoffarm. Aus unserer Sicht ist das allerdings für die Anzucht von Gemüse und Blumen nicht unbedingt nötig. Spätestens zum Pikieren oder dem ersten Umtopfen brauchen die Jungpflanzen unbedingt mehr Nährstoffe, also am besten eine torffreie Blumen- und Pflanzenerde, die mit organischem Dünger angereichert ist. Nur für die Anzucht von mediterranen Kräutern, wie Oregano oder Thymian, ist eine nährstoffarme Anzuchterde unabdingbar.
    • Licht: Bei einer Anzucht sehr früh im Jahr (Januar/Februar) braucht man in der Wohnung Pflanzenlampen, da die Tageslänge und das Tageslicht, das durch die Fenster kommt, meist nicht ausreicht.

    Tipp

    Leider ist die Bezeichnung „Bio“ bei Pflanzerden nicht gesetzlich geschützt und daher nicht verlässlich. Um sicher zu gehen, dass eine Erde nur ökologische Komponenten enthält, achten Sie auf die Kennzeichnung „zugelassen im ökologischen Landbau“. Weitere Informationen zum Thema Bio-Erde finden Sie im Informationsportal ökolandbau.de. Nicht alle Bio-Erden sind torffrei. Der BUND bietet einen hilfreichen Einkaufsführer für torffreie Erden.

     

    Grundlagen

    • Gemüsearten lassen sich in zwei Gruppen einteilen.
      • Dunkelkeimer: Die meisten Samen gehören zu den Dunkelkeimern. Diese Samen können nur in ausreichender Dunkelheit keimen, da ihre Keimung durch Licht gehemmt wird. Eine Faustregel, an die man sich bei der Aussaat halten kann, ist, den Samen zweimal so tief in die Anzuchterde zu bringen, wie er selbst dick ist.
      • Lichtkeimer: Lichtkeimer findet man vor allen bei Blumen und Kräutern. Diese Arten brauchen für die Keimung Licht. Daher werden sie nicht mit einer Erdschicht bedeckt, sondern nur ganz leicht mit Erde oder Sand übersiebt (siehe Bild). Ausgesprochene Lichtkeimer sind unter den Gemüsearten selten.
    • Aussaatzeitpunkt: Der häufigste Fehler bei der Jungpflanzenanzucht ist, dass zu früh ausgesät wird. Bei den meisten Kulturen rechnet man von der Aussaat bis zur Pflanzung ca. sechs Wochen (Beispiel Freilandtomaten: Aussaat Ende März zur Pflanzung Mitte Mai). Ausnahmen sind Paprika, Peperoni und Auberginen, da sie eine sehr langsame Jungpflanzenentwicklung haben.
    • Je nach Art sind unterschiedliche Keimtemperaturen notwendig. So keimt Kohlrabi zum Beispiel ab 16 °C, Gurken verlässlich aber erst ab Temperaturen um 23 °C. Bei der optimalen Keimtemperatur keimen die Samen am schnellsten und viele Auflaufkrankheiten (oft von Pilzen verursacht) haben keine Chance. Unterhalb der Mindestkeimtemperatur keimen Samen nur zögerlich oder gar nicht. Die erforderliche Temperatur sollten Sie daher am besten auch über Nacht halten. Für wärmeliebende Kulturen hilft dazu eine Wärmequelle (Heizung oder Heizmatte) von unten oder/und ein kleines Zimmergewächshaus. Viele Pflanzen können aber auch draußen im Gewächshaus oder im Frühbeetkasten angezogen werden, wenn dort die entsprechenden Temperaturen gehalten werden.

    • Die optimale Keimtemperatur gilt nur, bis die Samen aufgegangen sind. Danach werden die Pflänzchen kühler gestellt, aber weiterhin so hell wie möglich. Bekommen sie nicht genug Licht bei gleichzeitig zu viel Wärme, neigen sie zum Vergeilen, d. h. sie werden lang und dünn und knicken leicht um. Wenn kein vollsonniger Platz am Fenster oder im Gewächshaus zur Verfügung steht, besser erst im März aussäen, wenn die Tage wieder länger werden oder sich mit einer Zusatzbeleuchtung wie Pflanzenlampen behelfen

    • Neben Wärme braucht ein Samen Feuchtigkeit, damit der Keimprozess in Gang kommt. Die Keimlinge dürfen nicht austrocknen, aber auch nicht zu nass gehalten werden, sonst ersticken sie. Bewährt hat sich der Einsatz von Sprühflaschen zur Befeuchtung. Die Erde sollte direkt nach dem Aussäen sehr gut durchfeuchtet werden. Um die Feuchtigkeit zu halten, hilft eine Abdeckung aus einer gelöcherten durchsichtigen Folie. Auch hier sind kleine Zimmergewächshäuser eine gute Option, sie können über viele Jahre wiederverwendet werden.

    • Die Keimzeit ist von Sorte zu Sorte unterschiedlich: Zwischen wenigen Tagen bis zu drei Wochen kann das Keimen schon einmal dauern. Während beispielsweise Salat und Rotkohl nur etwa 5-8 Tage brauchen, nehmen sich Sellerie oder Zwiebeln 15-20 Tage Zeit.

    Angaben zur Saattiefe, zum Aussaatzeitpunkt und zur optimalen Keimtemperatur finden Sie in unseren Pflanzensteckbriefen, in unserem Onlineshop, auf der Saatguttüte oder im Katalog.

    Vorgehen zur Aussaat in Aussaatschalen

    • Füllen Sie Erde in eine saubere Schale und pressen Sie sie gut an.
    • Wässern Sie die Erde mit einem feinen Strahl. Nun werden die Samen auf der feuchten Erde verteilt. Am besten immer etwas mehr Samen aussäen, als man Pflanzen braucht, da vielleicht nicht alle keimen. Die Samen können ruhig dicht gesät werden, da die Pflanzen nach der Keimung zügig pikiert werden. Wenn man in Reihen aussät, passen mehrere Sorten in eine Aussaatschale.
    • Anschließend übersiebt man die Samen mit Erde oder einen Erde-Sandgemisch. Die Dicke dieser Schicht ist sortenabhängig (siehe oben)!
    • Nun die Erde wieder fest andrücken, damit die Samen einen guten Bodenanschluss haben und möglichst an Ort und Stelle bleiben.
    • Jetzt die oberflächliche Erdschicht vorsichtig mit einer Sprühflasche befeuchten. So ist einerseits die Erde gut durchfeuchtet und andererseits umgeht man die Gefahr, dass die Samen wegschwimmen.
    • Um die Feuchtigkeit zu halten, die Aussaatschale mit einer gelöcherten durchsichtigen Folie abdecken oder in ein Zimmergewächshaus stellen.
    • Vergessen Sie nicht, Ihre Aussaaten zu kennzeichnen, damit Sie später keine Überraschungen erleben. 

    Wie geht es weiter? Wenn sich die ersten beiden Keimblätter gebildet haben, werden die Pflanzen aus den Anzuchtkisten pikiert. Bei Chilis, Auberginen, Paprika und Tomaten wartet man sicherheitshalber noch ein wenig länger, bis sich zwei weitere Blätter gebildet haben. Pikieren bedeutet, dass die Pflanzen aus dem Anzuchtbehältnis in ein neues, größeres Gefäß umziehen. Lesen Sie dazu unsere Tipps zum Pikieren.

    Vorgehen zur Aussaat in Töpfen (ohne Pikieren)

    • Saubere Blumentöpfe, Multitopfplatten oder andere Gefäße mit Erde füllen und diese festdrücken.
    • Mit dem Finger, einem Stift oder Pikierstab ein Loch ich die Erde drücken. 1-3 Samen reinlegen und das Loch wieder vorsichtig schließen.
    • Töpfchen auf einen Untersetzter stellen und mit einem feinen Wasserstrahl gut angießen, so dass keine Mulden im Substrat entstehen.
    • Mit einer gelöcherten durchsichtigen Folie abdecken oder in ein Zimmergewächshaus stellen.

    Tipp

    Kokosquelltöpfe eignen sich besonders für die Anzucht von Tomaten, Paprika und Chili. Sobald die Pflanzen etwas größer sind, wachsen die feinen Wurzeln ungehindert durch die Töpfchen durch. Dann kann der komplette Kokosquelltopf mitsamt Pflanze in größere Töpfe mit nährstoffreicher Erde umgepflanzt werden. Die Wurzeln können ungestört weiterwachsen.



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    2 Kommentar

    18.08.2021 | Lydia Eickhoff - Bingenheimer Saatgut AG
    - - Auberginen , die keine Früchte ausbilden - -

    Hallo Frau Weber,

    Auberginen haben eine recht langsame Jungendentwicklung. Aus diesem Grund müssen sie rechtzeitig ausgesät und bis spätestens Ende Mai gepflanzt sein. Außerdem war es Ihnen in diesem Sommer an vielen Orten viel zu kalt. Auberginen sind noch wärmebedürftiger als Paprika. Für einen sicheren Ertrag empfiehlt sich daher der Anbau im Gewächshaus oder in einem Folientunnel. Wir hoffen diese Infos helfen Ihnen weiter.

     

    Viele Grüße aus Bingenheim

    Lydia Eickhoff

    16.08.2021 | Weber, Petra
    - Auberginen , die keine Früchte ausbilden -

    Liebe Bingenheimer,

    wir haben Auberginen erfolgreich angezogen, ausgepflanzt Mitte Juni.

    Alle Pflanzen wachsen in die Höhe, haben ab und zu Blüten, aber an 20 Pflanzen wurde bisher keine einzige Frucht ausgebildet.

    Was kann der Fehler sein?

    LG, Petra Weber