Ökologische Blumenzwiebelvermehrung

23.08.2022Saatgut-Lexikon

Frühjahrsblüher wie Krokusse, Narzissen und Tulpen gehören in einem vielfältigen Garten einfach mit dazu. Im Herbst als Zwiebel gepflanzt, bieten sie nach dem Winter zusammen mit anderen Frühblühern erste Nahrung für Insekten und sorgen für Frühlingsgefühle bei uns Betrachter:innen. Viele Zwiebelblumen kommen über Jahre wieder, manche vermehren sich stetig und verwildern. Doch woher kommt diese erste Zwiebel, die wir in unserem Garten pflanzen?

Die meisten Blumenzwiebeln, die wir in Deutschland kaufen können, werden in den Niederlanden vermehrt. Bekannt sind die Bilder der Tulpenblüte in Holland. Scheinbar endlose bunte Streifen ziehen sich dort im Frühjahr durch die Landschaft. Die Niederlande eignen sich aufgrund ihres milden Klimas und der durchlässigen Böden sehr gut für den Anbau von Blumenzwiebeln.

Pflanzung

Blumenzwiebeln werden in den meisten Fällen vegetativ über Brutzwiebeln oder Tochterzwiebeln vermehrt. Eine Samenvermehrung ist zwar auch möglich, dauert aber deutlich länger. Brutzwiebeln wachsen nach der Blütezeit außen am Boden der Mutterzwiebel. Tochterzwiebeln hingegen bilden sich im Inneren der Mutterzwiebel neben dem Spross und lösen sich dann später seitlich aus der Zwiebel heraus.

Diese neu entstandenen, kleinen Zwiebeln werden vorsichtig von der Mutterpflanze gelöst und im Herbst wieder aufs Feld gepflanzt. Die meisten Zwiebeln blühen noch nicht im ersten Jahr, sondern müssen ungefähr zwei- bis dreimal angebaut werden, bis sie groß genug sind, um zu blühen und somit verkaufsfähig zu sein. Damit die Blumenzwiebeln im Sommer nach der Vegetation alle problemlos und unaufwändig wieder aus der Erde geholt werden können, erfolgt der Anbau auf dem Feld zwischen zwei Netzen, die mit Spezialmaschinen ausgebreitet und auch wieder eingeholt werden.

Im konventionellen Blumenzwiebelanbau werden viele Pestizide und Kunstdünger verwendet. Der ökologische Blumenzwiebelanbau verzichtet darauf und stellt dadurch eine umweltfreundliche Alternative dar. Blumenzwiebeln können ohne Chemikalien sehr gut wachsen, brauchen dafür allerdings mehr Platz und Pflege.

Auf einem Quadratmeter werden ungefähr ein Drittel weniger Zwiebeln gepflanzt. Die Pflanzen haben dadurch mehr Raum und Licht, um sich gesund zu entwickeln. Die Blätter trocknen nach Tau und Regen schneller ab und sind so weniger anfällig für Pilzkrankheiten. Auch die Wurzeln haben mehr Platz, um sich auszubreiten und können dadurch mehr Nährstoffe aus dem Boden erschließen. Durch diesen luftigen Anbau haben allerdings auch Beikräuter bessere Chancen und müssen teilweise händisch entfernt werden.

Zur Förderung der Bodenfruchtbarkeit werden im ökologischen Anbau nur organische Dünger wie Mist oder Kompost verwendet. Dadurch steht im Boden weniger direktlöslicher Stickstoff zur Verfügung als im konventionellen Anbau. Es hat sich gezeigt, dass die Zwiebeln dann etwas weniger anfällig sind für verschiedene Krankheiten. Außerdem werden im Sinne der Fruchtfolge Blumenzwiebeln nur alle sieben Jahre auf den gleichen Feldern angebaut, auch dies beugt Krankheiten und Pilzbefall vor.

Blüte

Sobald die Blumenzwiebeln im Frühjahr zu blühen beginnen, wird – besonders bei Tulpen – jede einzelne Blüte begutachtet. Um dies schnell und effektiv zu ermöglichen, gibt es spezielle Geräte, in denen Arbeiter:innen liegend auf Blütenhöhe über die Felder gefahren werden können. Mit geschultem Blick werden Pflanzen mit abweichender Blütenform oder -farbe aussortiert, um die Sortenreinheit zu erhalten. Im konventionellen Anbau werden diese mit dem Herbizid ‘Round Up’ tot gespritzt. Im ökologischen Anbau wird die ganze Pflanze mit der Hand herausgezogen und vom Feld genommen. Auch beschädigte oder infizierte Pflanzen werden schnell entfernt, um die Ausbreitung von Krankheiten zu verhindern.  

Damit die Kraft der Pflanzen in die Anlage von kräftigen Brutzwiebeln investiert wird und nicht in die Bildung von Samen, werden Tulpen frühzeitig geköpft, sobald alle Pflanzen voll aufgeblüht sind. Dafür gibt es spezielle Köpfmaschinen, die wie große Rasenmäher über die Tulpenstreifen auf den Feldern fahren. Nach dem Köpfen gilt es wieder, möglichst alle Pflanzenteile, besonders die für Pilzkrankheiten anfälligen Blütenblätter, schnell aufzusammeln. Im konventionellen Anbau werden diese liegengelassen und wöchentlich mit einem Fungizid bespritzt. Blätter und Stängel bleiben stehen. Dadurch kann die Pflanze weiterhin Photosynthese betreiben und so über das Frühjahr und den Sommer Kräfte sammeln, die in den Zwiebeln gespeichert werden. 

Ernte und Verkauf

Sind die Blätter und Stängel schließlich verwelkt, werden die Zwiebeln in den Netzen mit einer Erntemaschine aus der Erde gezogen. Dann werden sie gereinigt und getrocknet. Brutzwiebeln werden vorsichtig entfernt und kranke Zwiebeln ausgelesen. Nach der Sortierung werden große Zwiebeln für den Handel verpackt und gelagert. Brut- und Tochterzwiebeln, die noch zu klein sind für den Verkauf, werden im Herbst wieder auf die Felder gepflanzt. Dies wird so lange wiederholt, bis auch sie groß genug sind für die Pflanzung in unseren Gärten. Die Netze werden ebenfalls getrocknet, gereinigt und bei der nächsten Pflanzung wiederverwendet.

Wir beziehen unsere Blumenzwiebeln von Ecobulbs ‘t Keerpunt. Seit vielen Jahren besteht eine Partnerschaft mit dem Betrieb der Familie Timmerman in Benningbroek, die vor über 20 Jahren als Pioniere mit dem ökologischen Anbau von Tulpenzwiebeln begonnen haben. Inzwischen hat Sohn Koen Timmerman die Blumenzwiebelvermehrung übernommen, während sich Mutter Annelies um den Blumenzwiebelhandel kümmert. Dafür vertreibt sie auch die Blumenzwiebeln anderer Bio-Betriebe aus ihrer Region.

Trotz der beschriebenen Maßnahmen und des großen Engagements der Bio-Betriebe hängt die Qualität der Blumenzwiebelernte im ökologischen Anbau entscheidend von den Witterungsbedingungen ab. Vor allem bei anhaltend nassem Wetter im Frühjahr kann es daher zu einzelnen Ausfällen kommen, die sich leider erst während der Ernte offenbaren. Witterungsbedingt kann es auch zu Schwankungen in der Größe der Zwiebeln im Verkauf kommen, dies hat allerdings keine Auswirkungen auf die Qualität und die Blühkraft.



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